„Da prallen Welten aufeinander“

INTERVIEW MIT DER GNZ

Ungewöhnliche Herausforderungen gehören quasi zur DNA des Jugendorchesters Meerholz-Hailer. Doch was sich die Musiker für ihr nächstes Frühjahrskonzert im kommenden März vorgenommen haben, dürfte ein absolutes Novum im Main-Kinzig-Kreis sein: Gemeinsam mit einer Rockband spielen 60 Bläser das „Concerto For Group And Orchestra“ aus der Feder von John Lord, Keyboarder und kreativer Kopf von Deep Purple. Damit nicht genug, präsentieren sie im zweiten Teil des Konzerts Songs des Prog-Rock-Pioniers Alan Parson. Im Gespräch mit GNZ-Redakteur Matthias Abel spricht Dirigent und Kulturpreisträger Jens Weismantel aus Gondsroth über die Vorbereitungen für das musikalische Format der Extraklasse.

GNZ: Herr Weismantel, eine Rockband und ein Blasorchester – passt das überhaupt zusammen?

Jens Weismantel: Da prallen natürlich Welten aufeinander. Ob es passt, hängt von der Qualität des Arrangements ab. Im Falle der Adaption des John-Lord-Concertos ist das hervorragend gelungen. Das Stück ist kein klanglicher Einheitsbrei, sondern lebt vom Zusammenprall der Gegensätze, von den überraschenden Sprüngen und Wechseln. Das macht seinen Reiz aus.

Hat das Jugendorchester überhaupt schon einmal mit einer Band auf der Bühne gestanden?

Nein, es wird das erste Mal sein. Natürlich haben wir schon mit Gastinstrumentalisten gearbeitet, etwa bei der Aufführung des Musicals „Franziskus“ mit dem gemischten Chor Meerholz. Aber die kamen eher aus dem klassischen Bereich.

Steht schon fest, mit welcher Band Sie das neue Projekt umsetzen?

Das John-Lord-Concerto präsentieren wir gemeinsam mit der bundesweit bekannten Frankfurter Deep-Purple-Tribute-Band „Purple Rising“. Bei den Alan-Parsons-Songs im zweiten Teil wird die Begleitband größtenteils aus den Reihen des Jugendorchesters selbst bestehen. Zusätzlich benötigen wir auch einige Gastmusiker aus dem klassischen Bereich. Das Arrangement des Concertos sieht beispielsweise eine Harfe vor.

Wann werden Sie das erste Mal mit Purple Rising zusammen proben?

Wir veranstalten immer drei Wochen vor den Konzerten ein Probenwochenende im Jugendzentrum Ronneburg. Ich hoffe, dass die Musiker dann mindestens einen halben Tag dabei sein werden. Ansonsten werden wir Sondertermine vereinbaren.

Ist es nicht schwer für das Orchester, das Concerto ohne die Band einzustudieren?

(Lacht.) Nicht nur deshalb. Die Ansprüche an die unterschiedlichen Instrumentalisten sind in vielen Passagen äußert unterschiedlich. Es gibt Stellen, an denen einige Musiker fast nichts zu tun haben, etwa im zweiten Satz, wo die Trompeten kaum fünf Töne spielen müssen. Gleichzeitig sind manche Passagen für viele Instrumente nahezu unspielbar.

Das hat damit zu tun, dass das 1969 uraufgeführte Werk für Band und Sinfonieorchester geschrieben wurde. Jetzt müssen die Bläser auch die Geigen-, Bratschen- und Celli-stimmen übernehmen, die oft aus 32tel-Noten bestehen. Streicher müssen keine Luft holen, Bläser schon. Das ist echt sportlich. Bei den Proben muss ich darauf achten, dass sie nicht für einige Musiker langweilig werden. Aber wir spielen im zweiten Teil des Konzerts ja auch mehrere Alan-Parsons-Stücke, da ist der Anteil der Instrumente ausgeglichener.

Wollen Sie schon einige der Songs vom Alan Parsons Project verraten?

Auf jeden Fall gehören „Old And Wise“, „Silence And I“ und „Don’t Answer Me“ zum Programm, und natürlich „Eye In The Sky“. Die Auswahl hängt natürlich auch davon ab, ob es Arrangements für Blasorchester gibt.

Nicht nur die Musik wird bei einem solchen Projekt eine Herausforderung, Sie benötigen zudem Tontechnik und haben sogar eine Lichtshow geplant. Keine kleine Sache, oder?

Genau. Deshalb sind wir froh, dass mit Christian Kauffeld ein sehr guter Freund für die Technik verantwortlich ist, der hochprofessionell arbeitet und zudem weiß, wie ein Orchester klingen muss. Er macht stets unsere Konzertmitschnitte und kennt unsere Bedürfnisse. Das ist ein großer Vorteil. Für die Lichtshow benötigen wir wohl einen zweiten Techniker. Wie aufwendig diese ausfällt, hängt auch davon ab, wie lange wir vor dem Konzert in der Sport- und Kulturhalle proben können. Wir gehen das aber ziemlich entspannt und spontan an.

Sicherlich nicht spontan ist die Idee entstanden, das John-Lord-Concerto aufzuführen. Mussten Sie dafür eigentlich viel Überzeugungsarbeit leisten?

Das Concerto war einer von mehreren Vorschlägen, die ich dem Vorstand ausgearbeitet hatte und den Musikern vorgestellt habe. Und die waren begeistert von der Idee, mal etwas ganz anderes zu machen. So ein Werk hat in der Region noch kein Blasorchester gespielt. Das macht für die Musiker den Reiz aus, zu wissen, dass sie so etwas vielleicht nur einmal im ganzen Leben tun werden. Es ist natürlich unser Ziel, uns nach der Corona-Pause mit einem außergewöhnlichen Projekt wieder zurückzumelden.

Wie hat das Orchester die pandemiebedingten Einschränkungen überstanden?

Eigentlich gut. Wir haben zum Teil in kleinen Gruppen geprobt, später dann monatelang unter freiem Himmel. Da viele junge Leute zum Orchester gehören, haben wir generell mit einer höheren Fluktuation als traditionelle Vereinsorchester zu kämpfen. Viele verlassen uns, etwa wenn sie ihr Studium beginnen. Aber wir haben keine dramatischen Einbrüche erlebt. Das hat auch damit zu tun, dass wir mittlerweile über eine große Altersspanne verfügen. Unsere Musiker sind zwischen 14 und 60 Jahre alt. Viele sind mit dem Orchester zusammen groß geworden und bleiben uns treu.

Sie sind seit 2003 Leiter des Stammorchesters. Wie gelingt es Ihnen immer wieder, die Musiker zu motivieren?

Ich denke, die Mischung macht’s. Das Orchester war schon immer bereit, viel Energie in unterschiedlichste Projekte zu investieren. Wir können im Festzelt und auf der Konzertbühne spielen. Dazu kommen die Gottesdienste. Wir sind fest in den kulturellen Jahreskreis eingebunden. Was uns aber am meisten anspornt, ist die Konzertmusik. Und da hat das Orchester beachtliche Fortschritte erzielt. Die Stücke, die wir 2003 gespielt hatten, unterscheiden sich im Schwierigkeitsgrad – und hoffentlich auch im klanglichen Ergebnis – deutlich von denen, die wir bis vor der Corona-Pause aufgeführt haben. Die ersten Wettbewerbe haben wir in der Mittelstufe bestritten, alle anderen dann in der Oberstufe. Was uns hilft, ist der Umstand, dass sehr viele hoch motivierte, ambitionierte Laienmusiker zum Orchester gehören, die die anderen mitreißen.

Gab es einen besonderen musikalischen Höhepunkt in Ihrer Zeit mit dem Orchester?

Das Franziskus-Musical, das wir mit dem gemischten Chor Meerholz vor 3 500 Zuschauern aufgeführt haben, war natürlich ein herausragendes Erlebnis. Genauso wichtig waren aber auch unsere Wettbewerbe, beispielsweise in Prag oder Bad Schwalbach. Bei den Bundesmusikfesten, die alle sechs Jahre stattfinden, waren wir immer dabei. Unvergesslich war auch die fünftägige Konzertreise von Mailand bis Rom im Jahr 2009. Auch hier gilt: Die Abwechslung ist es, die das Orchester zusammengeschweißt hat.

Können Sie uns schon etwas über die weiteren Pläne mit dem Jugendorchester verraten?

Im Juli 2023 haben wir ein gemeinsames Projekt mit dem gemischten Chor Meerholz anlässlich der Festwoche zum 850-jährigen Bestehen des Stadtteils geplant. 2024 wollen wir „Es war einmal …“ von Jan Van der Roost aufführen. Ein Werk, das ich für die Bläserphilharmonie Rhein-Main in Auftrag gegeben hatte und das sich mit der Märchenwelt der Brüder Grimm beschäftigt. Wir wollten das Stück mit dem Jugendorchester bereits 2020 aufführen, bei meinem Abschiedskonzert.

Sie wollten das Jugendorchester verlassen?

Damals bin ich zeitlich gesehen an meine Grenzen gestoßen. Ich habe drei Kinder und war auch beruflich und musikalisch voll ausgelastet. Nach 17 Jahren beschloss ich mit den Verantwortlichen im Orchester, dass es ein guter Zeitpunkt für eine Veränderung war. Es waren schon fünf mögliche Leiter für ein Probedirigat eingeladen. Dann kam der erste Lockdown, zwei Tage nach der ersten Generalprobe für mein Abschiedskonzert. Unter diesen Bedingungen wollte ich das Orchester nicht alleine lassen. Außerdem hatte ich kein Zeitproblem mehr. Und ich wollte keinen Abschied, der nicht auf einer Konzertbühne stattfindet. Mittlerweile hat sich alles so gefügt, dass ich beim Orchester bleiben kann. Heute scherzen wir oft und meinen: „Corona hatte also doch etwas Gutes.“

Gelnhäuser Neue Zeitung vom 14. Januar 2023

 

 

TICKETS

Karten für dieses ganz besondere Frühjahrskonzert sind zum Preis von 18 Euro HIER im Ticket-Shop erhältlich und bei Hänsels Backstube, Buchhandlung Druschke und im Pfarrbüro der katholischen Kirche. Jugendliche bis zum Alter von einschließlich 16 Jahren erhalten an der Abendkasse 5 Euro erstattet.

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